Am heutigen Weltverbrauchertag rückt das BMJV zusammen mit dem vzbv auf einem G20 Summit die Bedeutung von Verbraucherschutz und -vertrauen in der digitalen Welt in den Fokus.
Die digitale Welt schafft in der Genossenschaftsbewegung neue Möglichkeiten. Das betrifft nicht nur den Online-Handel und das digitale Bezahlen, es geht auch um Veränderungen in der Partizipation der Mitglieder.
Der ZdK versteht sich (auch) als Verbraucherorganisation, da die Konsumgenossenschaften aufgrund ihrer Struktur und Geschichte schon immer den Verbraucherschutz im Fokus hatten. Im Genossenschaftsmuseum in Hamburg wird über die Geschichte der Konsumgenossenschaften und der Verbraucherbewegung informiert.
Aus diesem Grunde ist dem ZdK der Verbraucherschutz in der digitalen Welt sehr wichtig. Wir haben in den letzten Jahren im Bereich der „digitalen Partizipation“ bereits viel bewegen können.
Virtuelle Mitgliederversammlung
Ein Beispiel ist die virtuelle Mitgliederversammlung, die wir zusammen mit unserem Mitglied Hostsharing eG bereits Anfang 2000 entwickelt haben. Diese stellte eine über das Internet abgehaltene Vorversammlung zu der später unter den üblichen Bedingungen stattfindenden Generalversammlung dar. Durch diese Vorversammlung konnte sichergestellt werden, dass alle Mitglieder die Beschlüsse vorab diskutieren konnten und mittels Abstimmungen der tatsächlich stattfindenden Generalversammlung „Empfehlungen“ zur Beschlussfassung geben. Bei einer weit verstreuten Mitgliedschaft war das ein sehr guter Weg, um allen Mitgliedern zu ermöglichen, an der Entwicklung der Genossenschaft teilzuhaben.
Das Beispiel der Hostsharing eG wurde 2002 in einer Fallstudie vom Institut für Genossenschaftswesen der Universität Münster untersucht.
Virtuelle Generalversammlung
Im Jahr 2006 ist dieser Aspekt in das Genossenschaftsgesetz aufgenommen worden. Das Gesetz erlaubt seitdem in § 43 Abs. 7 GenG, dass die Generalversammlung auch in elektronischer Form Beschlüsse fassen kann.
Seitdem ist es auch möglich die Generalversammlung virtuell stattfinden zu lassen – nicht bloß im Wege der „virtuellen Vorversammlung“. So hat zum Beispiel unser Mitglied fairmondo eG eine solche virtuelle Generalversammlung.
Das Genossenschaftsrecht ist in dieser Hinsicht Wegbereiter für die digitale Entwicklung im Gesellschaftsrecht.
Aktuelle Reformvorschläge
Nun soll abermals ein neuer Weg im Zusammenhang mit der Digitalisierung beschritten werden. Im Entwurf zum „Gesetz zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ sind zwei Punkte aufgeführt, die das Thema Digitalisierung berühren:
- Einladung der Mitglieder zur Generalversammlung in Textform und
- Bekanntmachungen der Genossenschaften durch „öffentlich zugängliche Informationsmedien“.
Aus unserer Sicht ist es sinnvoll und zu begrüßen, dass nun klargestellt wird, dass Genossenschaften ihre Mitglieder in Textform (also z.B. auch per E-Mail) zu Generalversammlungen einladen können.
Der Vorschlag zur Bekanntmachung durch „öffentlich zugängliche elektronische Informationsmedien“ ist aber nicht ohne weiteres positiv zu sehen. Die Genossenschaft hat eine Reihe von verpflichtenden Bekanntmachungen (bei Wahlen zur Vertreterversammlung oder bei der Auflösung der Genossenschaft), die in einem „öffentlichen Blatt“ erfolgen müssen. Dass hier eine Öffnung für „öffentlich zugängliche elektronische Informationsmedien“ möglich werden soll, ist sicherlich richtig und wird von uns unterstützt. Allerdings kann die Satzung nach diesem Vorschlag auch vorsehen, dass die Generalversammlung durch Bekanntmachung über das „öffentliche Blatt“ einberufen werden kann (wobei eine Einladung über den „Bundesanzeiger“ nicht zulässig ist).
Diesen Aspekt lehnen wir unter dem Gesichtspunkt des Mitgliederschutzes / Verbraucherschutzes ausdrücklich ab. Wenn diese Regelung in das Gesetz aufgenommen würde, könnten Genossenschaften eigene oder andere Internetauftritte, ggf. sogar den elektronischen Bundesanzeiger als Einladungsweg vorsehen.
Aus der Bringschuld der Genossenschaft würde eine Holschuld der Mitglieder werden.
Die Mitglieder müssten regelmäßig (alle 14 Tage) die entsprechende Internetseite besuchen, um festzustellen, ob eine Einladung ausgesprochen worden ist. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass dieses geschieht. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass es „Benachrichtigungsdienste“ gibt (z. B. RSS-Feeds etc.). Dieses ist aber nicht bei allen Internetseiten möglich – und das Gesetz schweigt zu dieser Frage.
Die Teilnahme an einer Generalversammlung ist aber für die Mitglieder sehr wichtig. Durch die Teilnahme an der Generalversammlung können die Mitglieder ihre Mitwirkungsrechte wahrnehmen. Bei bestimmten Satzungsänderungen haben Mitglieder unter Umständen Sonderkündigungsrechte, die nicht bestehen, wenn Mitglieder trotz einer ordnungsgemäßen Einladung zur Generalversammlung nicht teilnehmen.
Bei der Abwägung der Interessen der Genossenschaften an einem einfachen unbürokratischen Weg (Information im Internet – ohne direkte Information der Mitglieder) und den Interessen der Mitglieder an einem sicheren Einladungsweg ist für uns klar, dass hier aus Gründen des Mitglieder- und Verbraucherschutzes die Interessen der Mitglieder überwiegen.
Nicht alles, was technisch möglich ist, muss auch umgesetzt werden.
Wir schlagen daher in § 6 GenG eine Ergänzung wie folgt vor:
Die Satzung muss enthalten:
4. Bestimmungen über die Form für die Einberufung der Generalversammlung der Mitglieder (…); die Einladung muss durch unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt erfolgen (…); die Bekanntmachung im Bundesanzeiger oder über öffentlich zugängliche elektronische Informationsmedien genügt nicht;
Weitere Informationen über unsere Stellungnahme zum Gesetzentwurf finden Sie hier.
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