Unser Dachverband – Euro Coop – berichtet, dass sich das EU-Parlament und der EU-Rat am 14. Dezember 2023 auf die neuen Regeln der EU-Lieferkettenrichtlinie (englisch: Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) geeinigt haben.
In Deutschland gilt bereits seit dem 1.1.2023 ein Lieferkettengesetz, dieses wird aufgrund der neuen Richtlinie – sollte sie denn so wie vorgesehen verabschiedet werden – überarbeitet werden müssen. Insbesondere wird der Kreis der Unternehmen, die sich mit dieser Fragestellung beschäftigen müssen wachsen. Bislang gilt das Lieferkettengesetz in Deutschland für Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmer/innen (ab de, 1.1.2024 mit mehr als 1.000 Arbeitnehmer/innen).
Der Entwurf geht weit darüber hinaus und würde die Geltung dieser Regeln erweitern auf „große“ Unternehmen, d. h. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von 150 Millionen Euro in der EU.
Die Richtlinie soll einen Rahmen schaffen, der die Unternehmen dazu verpflichtet, interne Strategien und Risikomanagementsysteme zu integrieren, um nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt zu verhindern, zu ermitteln und abzumildern. Ziel ist es, eine nachhaltigere Produktion von Waren und Dienstleistungen, bessere Arbeitsbedingungen, nachhaltigere Investitionen und mehr Transparenz bei der Herstellung von Produkten zu erreichen.
Darüber hinaus müssen die Unternehmen einen Plan verabschieden, aus dem hervorgeht, dass ihre Geschäftstätigkeit und ihre Strategie im Einklang mit dem Pariser Abkommen (Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C) stehen. Für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, die den Plan umsetzen, sind finanzielle Anreize vorgesehen.
Die Unternehmen müssen:
- über ein System verfügen, um die negativen Auswirkungen folgender Faktoren zu ermitteln, zu bewerten, zu verhindern, abzumildern und zu beheben
- ihrer eigenen Geschäftstätigkeit (einschließlich Tochtergesellschaften)
- die Tätigkeiten ihrer vor- und nachgelagerten Partner, einschließlich Produktion, Lieferung, Transport und Lagerung, Design und Vertrieb, auf die Menschen und den Planeten
- einen Beschwerdemechanismus einführen
- (im Falle eines nachgewiesenen Schadens) den Zugang zur Justiz für die Opfer zu verbessern und ein „sinnvolles Engagement“, wie z. B. Dialog und Konsultation mit den betroffenen Interessengruppen, durchzuführen
- einen Klimaplan zu verabschieden, aus dem hervorgeht, dass ihre Tätigkeiten mit dem Pariser Abkommen übereinstimmen (die Unternehmen müssen einen Plan haben und ihn nach bestem Wissen und Gewissen umsetzen, sind aber nicht gesetzlich haftbar, wenn sie ihr Ziel verfehlen)
- über ihre Grundsätze der Sorgfaltspflicht zu kommunizieren und
- deren Wirksamkeit regelmäßig zu überwachen.
Dies erfordert eine Kombination aus Investitionen, vertraglichen Garantien der Partner, Überprüfung der Geschäftspläne und sogar Unterstützung für Partner, die kleine und mittlere Unternehmen sind.
Mit der Richtlinie wird eine Frist von fünf Jahren eingeführt, innerhalb derer Betroffene (einschließlich Gewerkschaften oder Organisationen der Zivilgesellschaft) Ansprüche gegen Unternehmen geltend machen können. In Situationen, in denen Unternehmen erhebliche Umwelt- oder Menschenrechtsrisiken bei der Tätigkeit ihrer Geschäftspartner festgestellt haben, müssen sie ihre Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Partner beenden, wenn dieser nicht die erforderlichen Maßnahmen ergreift bzw. ergreifen kann, um die neuen Vorschriften einzuhalten und die Risiken zu vermeiden.
Die benannten nationalen Behörden überwachen die Einhaltung der Vorschriften und arbeiten auf EU-Ebene im Rahmen des von der EU-Kommission eingerichteten Europäischen Netzes der Aufsichtsbehörden zusammen. Sie können Inspektionen und Untersuchungen einleiten und Sanktionen verhängen.
Die Sanktionen umfassen Veröffentlichungen („naming and shaming“) und Geldstrafen von bis zu 5 % des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens. Eine Entschädigung für die Opfer ist vorgesehen, wenn vor einem europäischen Gericht nachgewiesen wird, dass einer betroffenen Partei aufgrund einer Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards ein Schaden entstanden ist, weil ein Unternehmen keine ordnungsgemäßen Sorgfaltsprüfungsverfahren eingehalten hat.
Die nationalen Regierungen müssen elektronische Portale einrichten, die den Sorgfaltspflichten der Unternehmen gewidmet sind und Informationen und Kriterien, entsprechende Leitlinien der EU-Kommission und Informationen für die Beteiligten bereitstellen.
In einem Anhang zur Richtlinie werden die Verpflichtungen für Unternehmen präzisiert, in dem spezifische Rechte und Verbote aufgeführt sind, die eine Beeinträchtigung der Menschenrechte darstellen. Die Liste verweist auf internationale Instrumente, die von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurden und die hinreichend klare Standards setzen, die von den Unternehmen eingehalten werden können. Diese Liste könnte durch delegierte Rechtsakte der EU noch erweitert werden, insbesondere im Hinblick auf schutzbedürftige Gruppen und Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, sobald diese von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert worden sind.
Im Anhang wird klargestellt, dass es sich bei den Umweltauswirkungen um jede messbare Umweltverschlechterung handelt, wie z. B. schädliche Bodenveränderungen, Wasser- oder Luftverschmutzung, schädliche Emissionen oder übermäßiger Wasserverbrauch oder andere Auswirkungen auf natürliche Ressourcen. Was die Menschenrechte betrifft, so verweist der Anhang auf UN-Konventionen wie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte oder das Übereinkommen über die Rechte des Kindes.
Die zwischen dem EU-Rat und dem EU-Parlament erzielte vorläufige Einigung muss nun von beiden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden. Danach ist die Richtlinie noch von den Mitgliedsstaaten der EU umzusetzen.
Bis es zu einer Umsetzung in Deutschland kommt, wird daher noch einige Zeit vergehen. Wir werden die nächsten Schritte in Europa und Deutschland weiter verfolgen und unsere Mitglieder auf dem Laufenden halten.