Am 23. März 2017 hat der Bundestag in erster Lesung das „Gesetz zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ beraten. Sechs Rednerinnen und Redner der Bundestagsfraktionen haben erste Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf abgegeben, bevor der Bundestag die weitere Bearbeitung den Ausschüssen zugewiesen hat.
- Zunächst hat Christian Lange (SPD) als Parlamentarischer Staatssekretär der Justiz und für Verbraucherschutz das Gesetz aus Sicht der Bundesregierung begründet. Durch das Gesetz solle bürgerschaftliches Engagement erleichtert werden. Im Land Rheinland-Pfalz seien positive Erfahrungen mit der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins für Dorfläden gemacht worden. Allerdings gebe es in der gesamten Republik eine sehr unterschiedliche Verleihungspraxis, die durch die geplante Reform vereinheitlicht werden solle. Darüber hinaus solle die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft durch Entbürokratisierung und der Ermöglichung von Mitgliederdarlehen noch attraktiver gemacht werden.
- Dr. Petra Sitte (Die Linke) hat sich durchaus skeptisch gezeigt, was die Reform des wirtschaftlichen Vereins anbelangt. Diese könne einen Druck auf Initiativen ausüben, die bislang im Idealverein organisiert sind. Im Genossenschaftsrecht seien weitere Änderungen wünschenswert, die die Mitgliederdemokratie stärken würden.
- Marco Wanderwitz (CDU/CSU) hat auf die Studie des BMWi zu den Hemmnissen und Potentialen bei der Gründung von Genossenschaften verwiesen. Danach seien 90% der Genossenschaften mit dem System der Prüfung und Betreuung zufrieden und sprächen sich gegen eine Änderung aus. Allerdings sei die Genossenschaft für Kleinstinitiativen nicht immer attraktiv. Daher werde der Vorschlag zur Reform des wirtschaftlichen Vereins unterstützt. Das Genossenschaftsrecht habe sich bewährt, daher seien hier auch nur kleine Eingriffe erforderlich. Aus diesem Grund sollen die Erleichterungen durch eine vereinfachte Prüfung und die Verringerung der Schwellenwerte für die Jahresabschlussprüfung sorgfältig diskutiert werden.
- Dieter Janecek (Bündnis 90 / Grüne) hat darauf hingewiesen, dass die Fraktion schon mehrfach Erleichterungen für kleine Genossenschaften gefordert hat, um das genossenschaftliche Wirtschaften, als demokratische Wirtschaftsform zu unterstützen. Bei den Schwellenwerten zur Jahresabschlussprüfung habe er sich einen höheren Betrag vorgestellt, so wie er auch im Referentenentwurf enthalten war. Die Entlastung von Kleinstgenossenschaften werde insgesamt positiv gesehen. Bei der Reform des wirtschaftlichen Vereins zeige er sich offen für die Diskussion, es gebe aber auch Kritik, die darauf hinweise, dass die geplanten Veränderungen mehr Beschränkungen bringen an Stelle von Erleichterungen.
- Dr. Matthias Bartke (SPD) hat das vorgeschlagene Gesetz begrüßt, da die Fraktion schon lange fordere, dass Genossenschaften entlastet werden. Er weist darauf hin, dass es schon 2013 einen Vorschlag zur Einführung einer Minigenossenschaft gegeben hat, der nicht zustandegekommen sei. Die Studie des BMWi zeige, dass der Reformbedarf weiterhin bestehe. Da eine Lösung im Genossenschaftsrecht nicht machbar sei, sei der wirtschaftliche Verein eine wirkliche Alternative. Initiativen, die bislang den eingetragenen Verein für ihre Tätigkeiten nutzen, sähen die Reform dagegen skeptisch; er sei überzeugt, dass auch für solche Initiativen der wirtschaftliche Verein eine gute Möglichkeit darstellt. Er begrüße, dass Genossenschaften nun von ihren Mitgliedern rechtssicher Darlehen annehmen können und dass kleine Genossenschaften von unnötiger Bürokratie befreit werden, damit die Rechtsform noch attraktiver wird.
- Zum Schluss der Debatte hat Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) darauf hingewiesen, dass das Recht den Menschen dienend zur Seite stehen und nicht zu bürokratisch sein soll. Aus seiner Sicht würde die Einführung einer neuen Rechtsform nicht zur Bürokratientlastung führen, daher sei die Suche nach Lösungen bei den bestehenden Rechtsformen richtig. Die Lösung im wirtschaftlichen Verein sei deshalb zu begrüßen. Er fordere ein unbürokratisches Verfahrensrecht, damit wirtschaftliche Vereine einfach gegründet werden können. Als Ausfluss des Prinzips der Selbstverantwortung begrüße er, dass Genossenschaften zukünftig Mitgliederdarlehen aufnehmen können. Bei den Reformvorschlägen im Genossenschaftsgesetz weist er darauf hin, dass es einen Mittelweg geben müsse zwischen Erleichterungen und Erhaltung des Vertrauens, das die Rechtsform der Genossenschaft beinhaltet.
Wir begrüßen, dass die Fraktionen den Gesetzentwurf im Großen und Ganzen unterstützen. Uns ist bewusst, dass gerade in den Gesellschaftsbereichen, die bislang im eingetragenen Verein zu Hause sind, eine große Skepsis herrscht. Die Probleme mit der Abgrenzung des (ideellen) eingetragenen Vereins zu den wirtschaftlich tätigen Rechtsformen kann aus unserer Sicht jedoch nicht dazu führen, dass für solche Alternativen, die bislang keinen Zugang zum eingetragenen Verein haben, der Weg für eine unbürokratische, einfache und rechtssichere Rechtsform verbaut wird. Die Debatte zeigt aber auch, dass wir mit den Abgeordneten im Gespräch bleiben müssen, um für kleine Genossenschaften weitere Erleichterungen zu erhalten.
Unsere Stellungnahme zum Regierungsentwurf finden Sie hier:
Die Debatte können Sie komplett in der Mediathek des Deutschen Bundestages ansehen:
(Quelle: Deutscher Bundestag)